Wie entsteht eigentlich Stress aus psychologischer Sicht? Das ist wichtig zu wissen, denn aus Stress kann chronischer Stress werden und daraus wiederum ein Burnout. Die Antwort: Stress entsteht durch deine subjektive Bewertung! Genauer gesagt: Stress entsteht, nachdem in deinem Inneren zwei Bewertungen stattgefunden haben:
1.
Ist es harmlos (irrelevant), positiv oder gefährlich (Bedrohung/ Herausforderung)?
2.
Habe ich genug Ressourcen, um damit fertigzuwerden?
Wenn deine Einschätzung 1) „Gefährlich“ und 2) „Nein“ ist, kommt es zu Stress. Stress ist die Reaktion deines gesamten Systems auf die vermeintliche Gefahr. Der Modus: Kampf oder Flucht (bzw. Totstellen „Freeze“ als dritte Option v.a. in traumatischen Situationen) – dein sympathisches Nervensystem ist aktiviert.
Es geht also scheinbar nicht unbedingt um die Situation, in der wir sind, sondern vor allem darum, wie wir sie (unbewusst!) bewerten.
Eine hilfreiche Technik aus der Achtsamkeit (die Teil der A.B.S.I.C.H.T. Methode von Claudia Bauer ist) ist es, so wertfrei wie möglich zu bleiben. Denn ohne Bewertung kein Stress – sehr vereinfacht gesagt.
Was ist gefährlich?
Die einfachste Antwort: Gefährlich ist alles, woran man sterben kann. Also alles, was von deinem autonomen Nervensystem (AN) blitzschnell als potenziell tödlich eingestuft wird.
Wenn wir uns alleine die drei steinzeitlichen Grundängste anschauen, wird da schon einiges klar: 1) Die Angst zu Tode zu kommen (zum Beispiel von einem Säbelzahntiger gefressen zu werden; 2) Die Angst zu Scheitern (Kein Jagderfolg -> alle verhungern -> wir sterben); 3) Die Angst aus der Gruppe ausgeschlossen werden (Alleine kann ich nicht überleben -> ich werde verhungern -> ich sterbe).
Das AN kann sich allerdings auch irren. Es weiß nicht, dass die folgenden Situationen in der Regel nicht tödlich enden. Hier ein paar Beispiele:
- Dein Chef ruft dich ins Büro und du gerätst in Stress.
Das AN „denkt“: Es besteht die Gefahr zu versagen = ich könnte sterben - Du kommst auf eine Party und alle sind verkleidet, nur du nicht. Du gerätst in Stress.
Das AN „denkt“: Es besteht die Gefahr aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden = ich könnte sterben - Du bekommst eine schwierige Arbeitsaufgabe und weißt noch nicht, wie du sie lösen sollst. Du gerätst in Stress.
Das AN „denkt“: Es besteht die Gefahr zu versagen = ich könnte sterben - Du stehst kurz vor dem Burnout. Du gerätst noch mehr in Stress.
Das AN „denkt“: Ich könnte meinen Job verlieren = versagen = ich könnte sterben // Meine Freund*innen/Eltern könnten mich geringschätzen = ablehnen = ich könnte sterben - usw.
Was sind Ressourcen?
Zu Ressourcen zählt man alles, was dir zum (Über-)leben nützlich ist:
- Deine Fähigkeiten (z.B. Kompetenzen im Job; soziale Kompetenz)
- Deine Eigenschaften und Einstellungen (z.B. Humor oder Optimismus)
- Dein Netzwerk (z.B. Freund*innen, Kolleg*innen, Familie)
- Deine Mittel (z.B. Geld, Wohnung, Auto)
Wenn du dir deiner Ressourcen in dem Moment nicht bewusst bist oder dir gerade welche fehlen, um die stresserzeugende Situation zu bewältigen, kommt es zur Stressreaktion.
Eine kleine Geschichte zum Thema Bewertungen
Zum vorher erwähnten Ablauf der Stressreaktion möchte ich dir eine kurze, wahre Geschichte erzählen. Die Geschichte ereignete sich in der Nachbarschaft eines Mehrfamilienhauses einer deutschen Großstadt. Sie startet mit einem Blumentöpfchen. Dieses wurde von irgendjemandem vor der Hauseingangstür aufgestellt.
Die Situation „Topf steht da“ wurde nun von allen Nachbarn als unterschiedlich stressig empfunden. Nachbar 1 (Nichtraucher) hat den Topf gar nicht bemerkt. Nachbar 2 (Raucher) hat sich gefreut, dass endlich vor der Haustür ein Aschenbecher steht [Bewertung 1 = positiv]. Nachbar 3 (Nichtraucher) dachte „Komischer Platz für einen Blumentopf, aber mir egal.“ [Bewertung 1 = irrelevant/harmlos].
Bei Nachbarin 4 (Raucherin) kam es zu einer Stressreaktion. Sie hat erstmal angefangen nachzudenken, wer diesen Topf wohl da platziert haben könnte; ob es ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Raucher war, die nicht einfach ihre Kippen überall hinwerfen sollten; ob man nur noch dort rauchen sollte, weil man an anderer Stelle einen Nachbarn stören könnte; ob der Topf von einer bestimmten Nachbarin aufgestellt worden ist, die nun bereits sauer auf alle Raucher ist [Bewertung 1 = Bedrohung/Herausforderung]. Ihrer Ressourcen war sie sich in diesem Moment noch nicht bewusst [Bewertung 2 = Habe ich ausreichend Ressourcen? Nein.]
Schließlich hat sie sich aber doch an ihre Ressourcen erinnert. Sie hat nämlich eine ausgeprägte soziale Kompetenz. Diese hat ihr beim Coping (englisch für Bewältigung der Situation) geholfen. Sie hat lösungsorientiert bei allen im Haus proaktiv nachgefragt und herausgefunden, dass niemand ein Problem hatte, sondern die Gärtner der Grünanlage sich einen Aschenbecher dort bereitgestellt hatten.
Für Nachbarin 4 ist das Töpfchen nun auch „nur noch“ ein Töpfchen und kein Stressor mehr.
Was an dieser Geschichte besonders wichtig für dich ist?
Zu erkennen, dass im Prinzip ALLES Stress auslösen kann, je nachdem wie du es bewertest. Das ist gleichzeitig eine gute Nachricht! Denn deine persönlichen Bewertungen kannst du überdenken und dadurch nach und nach den einen oder anderen Stressor in deinem Leben entschärfen.
Dies war ein Textauszug aus dem Buch Mit ABSICHT aus dem Burnout – Aus der Burnoutfalle aussteigen mit der A.B.S.I.C.H.T.-Methode von Claudia Bauer
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