Mit diesen Symptomen kommen zahlreiche meiner Klientinnen zu mir (und in den letzten beiden Jahren immer mehr):
- Sie können kaum noch abschalten.
- Der mentale Druck steigt und steigt.
- Eine quälende innere Unruhe macht sich breit.
- Und gleichzeitig steigt die Erschöpfung.
Wenn es dir auch so geht, bist du also (leider) in guter Gesellschaft. Aber etwas dagegen tun, das machen die wenigsten. Und ich kann es gut verstehen. Denn oft weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.
Aus meiner Erfahrung sind dies die 4 wichtigsten Gründe, warum Menschen gar nicht erst versuchen, etwas an diesem unangenehmen Zustand zu ändern:
1.
Sie denken, es sei normal.
Jeder hat schließlich großen Stress und „Mental Load“ ist schon ein Hashtag in Social Media – Es ist halt so.
2.
Sie denken, da kann man eh nix machen.
Wie sollten meine To-Do-Liste oder meine Sorgen und Probleme denn kleiner werden?!
3.
Sie denken, andere haben es noch schwerer.
Insbesondere empathische oder pflichtbewusste Menschen denken „Ich stell mich mal besser nicht so an“.
4.
Sie denken, sie haben keine Zeit dafür!
(ein Teufelskreis)
Leider kann dieser Zustand „unter Dauerfeuer zu stehen“ zu zahlreichen weiteren Beschwerden führen wie erhöhte Infektanfälligkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Schmerzen und vieles mehr.
Aus meiner Erfahrung kann man allerdings tatsächlich ein paar Dinge richtig machen, um aus diesem Zustand auszusteigen:
1. Entspannung richtig praktizieren
In dem Zustand innerer Unruhe und starkem gefühlten inneren Druck bist du im Fight or Flight (or Freeze) Modus. Also im Stress. Das sogenannte sympathische Nervensystem sorgt dafür, dass du kampf- oder fluchtfähig bist, damit du dich in Sicherheit bringen kannst.
Was das Nervensystem nicht wissen kann: Du bist gar nicht in Lebensgefahr (Es geht hier natürlich nicht um tatsächlich lebensgefährliche Situationen – denn es würde keinen Sinn machen, in einer solchen zu innerer Ruhe finden zu wollen).
Wenn du zur Ruhe und Entspannung finden möchtest, möchtest du stattdessen, dass dein parasympathisches Nervensystem aktiviert wird. Vielleicht hast du in diesem Zusammenhang schon einmal vom Vagus-Nerv gehört, den man stimulieren kann, um in den Zustand der Entspannung (Rest, Digest & Connect – Ruhen, Verdauen, in Verbindung mit anderen sein) zu kommen.
Bewährte Entspannungsmethoden, den den Vagusnerv bzw. das parasympathische Nervensystem aktivieren können:
- Progressive Muskelentspannung
- Autogenes Training
- Yoga (beruhigende Richtungen wie Yoga Nidra oder Yin Yoga)
- Tai Chi und Qi Gong
Den Vagusnerv kannst du außerdem mit Hilfe verschiedener Techniken stimulieren:
- Summen, brummen, knurren
- Singen
- Kaltes Wasser trinken
- Gurgeln
- Atemtechniken, z.B. Quadratatmung oder Pranayama
Dass man Entspannung praktiziert, um innere Ruhe zu erzeugen, scheint ein No-Brainer zu sein. Aber viele können gar keine Entspannungstechniken praktizieren, weil sie so unter Strom stehen und die innere Unruhe dadurch manchmal sogar größer wird („Was da jetzt alles liegen bleibt, während ich hier atme!“).
Darum gehören aus meiner Sicht auch die beiden folgenden Dinge dazu, um inneren Druck loszuwerden und endlich wieder abschalten zu können:
2. Klarheit und Struktur herstellen
Innere Unruhe kann beispielsweise entstehen, wenn man das Gefühl hat, dass einem alles über den Kopf wächst. Wenn wir diese Formulierung wörtlich nehmen, dann quillt quasi alles, was wir gerne mit dem Kopf verarbeiten würden über.
Das ist auch kein Wunder, denn wir können nicht mal annähernd alle Informationen verarbeiten, mit denen wir täglich konfrontiert werden. Verarbeiten heißt aus meiner Sicht nicht nur, dass wir die Information einfach aufnehmen, sondern dass wir sie auch (psychisch) verdauen.
Denke an die Nachrichten. Schlechte Nachrichten überall. Nicht nur, dass wir sie gar nicht alle aufnehmen können. Wir sollten auch mit Ängsten, die daraus resultieren bewusst umgehen, sonst sacken sie in die Verdrängung und erzeugen aus dem "Hintergrund" möglicherweise eine Menge Unruhe.
Apropos verdrängen: Innerer Druck kann beispielsweise entstehen, wenn wir bestimmte Bedürfnisse immer wieder hinten anstellen.
Apropos verdrängen: Innerer Druck kann beispielsweise entstehen, wenn wir bestimmte Bedürfnisse immer wieder hinten anstellen. Zum Beispiel das Bedürfnis nach Erholung zugunsten des Bedürfnisses nach Sicherheit. Das Bedürfnis nach Sicherheit versuchen viele Menschen beispielsweise durch übermäßiges Arbeiten zu befriedigen. Sich finanziell in Sicherheit zu bringen, ist ein verständliches Bedürfnis.
Wenn dabei aber das Bedürfnis nach Erholung dauerhaft zu kurz kommt, droht irgendwann vielleicht sogar ein Burnout. Unser "System" ist aber schlau und weiß das bereits. Es warnt uns, indem es Unruhe oder Erschöpfung erzeugt – wenn wir es mal so bildhaft betrachten möchten.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang also Klarheit und Struktur herstellen?
Wir brauchen zunächst einmal Klarheit über all das, was uns belastet und was gerade so alles ansteht.
Wir brauchen auch Klarheit über unsere Ziele. Das können einfach Tagesziele sein, es können aber auch Lebensziele sein.
Wir brauchen Klarheit darüber, was wir wollen. Und was wir nicht mehr wollen.
Darüber, welche Probleme wir haben und wie wir sie lösen wollen.
Je klarer alles ist, was in unserem Kopf herumschwirrt, desto mehr Ruhe kehrt oft schon ein.
Klarheit kann sich auch auf die aktuelle Gefühlslage beziehen. Achtsam wahrzunehmen, wie es mir wirklich gerade geht, um mich damit auseinanderzusetzen, kann ein wichtiger Schritt zu mehr innerer Ruhe sein.
Struktur können wir ebenfalls gut gebrauchen, um Druck und Unruhe zu reduzieren. Denn einfach so drauflos arbeiten kann gutgehen, kann aber auch zu Überforderung oder Ineffizienz (und damit mehr sinnloser Arbeit) führen.
Einfach so drauflos leben kann auch gutgehen, kann aber auch zu Unzufriedenheit und dem Gefühl verpasster Möglichkeiten oder Stillstand führen. Die Struktur kann uns Halt und eine Richtung geben.
Struktur kann beispielsweise auch dabei helfen, Aufgaben im Haushalt an alle Mitbewohner und Mitbewohnerinnen gerecht zu verteilen und den Mental Load der Person zu verringern, die diese Aufgaben zur Zeit übernimmt.
Auch Freiberufler und Freiberuflerinnen profitieren von einer selbst gemachten Struktur, insbesondere, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Hier kann es ansonsten schnell passieren, dass man sich verzettelt oder über jede Aufgabe neu nachdenken muss.
Wenn Aufgaben vorab strukturiert und über die Woche geplant werden, können sie wie ein No-Brainer abgearbeitet werden. Der Kopf muss sich dann nur noch mit dem Inhalt der Aufgabe befassen, aber nicht mehr damit, wann diese Aufgabe überhaupt dran ist.
3. Innere Stärke weiterentwickeln
Wenn du das liest, bist du sehr wahrscheinlich eine starke Person. Du arbeitest hart und gibst dein Bestes. Halte doch bitte mal kurz inne und überlege, was du schon alles erreicht hast!
Wahrscheinlich bist du auch jemand, der sehr schnell und sehr gut Verantwortung übernehmen kann. Du bist bestimmt auch ziemlich pflichtbewusst. Auch das macht dich zu einer starken Person.
Wenn du das alles nicht wärst, würdest du dir gar nicht die Mühe machen, so einen langen Blogtext zu lesen, sondern vielleicht viel lieber Netflix gucken 😉
Was zu innerem Druck und innerer Unruhe führst, ist schlichtweg, dass du dir ein paar Dinge noch nicht bewusst gemacht hast.
Was zu innerem Druck und innerer Unruhe führst, ist schlichtweg, dass du dir ein paar Dinge noch nicht bewusst gemacht hast.
Es könnte sein, dass du ein bisschen zu schnell zu viel Verantwortung übernimmst. Und du hast deine guten Gründe dafür.
Es könnte sein, dass du dir sehr viel Kontrolle wünschst – das kann auch ziemlich anstrengend werden. Aber du hast deine guten Gründe dafür.
Es wäre möglich, dass du das Thema Selbstverwirklichung eher hinten anstellst, weil du ein hochfunktionierender Mensch bist, der halt tut, was getan werden muss. Auch dafür hast du deine guten Gründe.
Und es könnte sein, dass du dich gerne als stark und unverwundbar zeigst. Und dass dein verletzlicher, sensibler, unperfekter innerer Anteil nur selten mal ans Tageslicht rausdarf.
Oder dass du alternativ zu den "People Pleasern" gehörst – also den wundervollen Menschen, die wir alle so gerne mögen, weil ihre Superkraft ist, dass sie sich bei allen beliebt machen können. Auch für die eine oder andere Eigenschaft hast du definitiv deine guten Gründe!
Es wäre möglich, dass du durch diese Eigenschaften (die eigentlich Bewältigungsstrategien sind – aber dazu ein anderes Mal mehr) das Thema Echtheit (Authentizität) ein bisschen weiter nach hinten stellst – und dich niemals verletzlich oder gar schlecht gelaunt präsentierst, selbst wenn es dir mal schlecht geht oder du eigentlich wütend bist.
Wenn du auf diese (und natürlich noch andere) Themen mal bewusst schaust, könnte es sein, dass du hier wichtige Schlüssel für mehr innere Ruhe finden kannst. Hier geht es häufig um dysfunktionale Muster und stressverstärkende Glaubenssätze, die du dir mal genauer anschauen und mit ein bisschen Übung auflösen oder zumindest etwas abschwächen kannst.
Es ist durchaus möglich und einen Versuch wert, deinen mentalen Druck, deine innere Unruhe oder deine Rastlosigkeit bei steigender Erschöpfung anzugehen.
Ich wünsche dir jedenfalls, dass du zur inneren Ruhe finden, deine Leistungsfähigkeit erhalten und das Leben wieder mehr genießen kannst.
Denk nicht, es sei normal, dauergestresst und kurz vor dem Zusammenbruch durchs Leben zu hecheln. Denk auch nicht, dass man da eh nix machen kann. Nimm dich wichtig genug, selbst wenn es anderen vermeintlich schlechter geht.
Und vor allem: räum dir ein klein wenig Zeit für dich selbst ein. Am besten schnappst du dir sofort deinen Kalender und trägst dir 30 Minuten in dieser Woche nur für dich selbst ein. Nächste Woche 2x 30 Minuten. Übernächste Woche 3x 30 Minuten – du ahnst, worauf das hinausläuft …